Der Bayerische Fußball-Verband (BFV) hat auf dem adidas-Campus in Herzogenaurach erstmals zu einem großen Integrationskongress eingeladen. Über 120 Vertreterinnen und Vertreter bayerischer Fußballvereine sowie hochkarätige Gäste – darunter DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und adidas-CEO Bjørn Gulden – diskutierten über Chancen, Herausforderungen und Wege zu mehr gesellschaftlicher Teilhabe durch den Amateurfußball.
Im Mittelpunkt stand die „Herzogenauracher Erklärung zur Integrationsleistung des bayerischen Amateurfußballs“, die einen konkreten Fünf-Punkte-Plan für mehr Teilhabe verabschiedete.
Fußballvereine als Orte gelebter Integration
Der Amateurfußball ist weit mehr als sportlicher Wettkampf: Er ist ein Ort echter Begegnung, an dem Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kulturen und Religionen zusammenkommen. In Bayern spielen rund 104.000 Aktive aus 179 Nationen – Integration wird hier bereits vielerorts gelebt. Dennoch zeigen aktuelle Befragungen des BFV, dass Sprachbarrieren, kulturelle Unterschiede und Vorurteile nach wie vor zu den größten Herausforderungen zählen. Austausch, Struktur und Engagement sind entscheidend, damit Integration langfristig gelingt.
Knetzgau als Positivbeispiel: „FC ist Heimat“
Ein besonders starkes Signal kam aus der Region Schweinfurt:
Der 1. FC Knetzgau zeigt eindrucksvoll, wie aus einer Herausforderung eine Erfolgsgeschichte werden kann. Ursprünglich auf der Suche nach neuen Nachwuchsspielern, öffnete sich der Verein gezielt für geflüchtete Menschen aus Eritrea, Syrien, Gambia und Tunesien – und machte Integration zur gelebten Vereinsphilosophie.
Unter dem Motto „FC ist Heimat“ wurde ein Triple-Win-Modell geschaffen:
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Geflüchtete erhalten sportliche und soziale Teilhabe sowie praktische Unterstützung im Alltag,
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der Verein gewinnt engagierte neue Mitglieder,
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die Gesellschaft profitiert von wachsendem Zusammenhalt.
Im Mannschaftsalltag werden Sprachbarrieren abgebaut, Vertrauen aufgebaut und aus Fremden Teamkollegen. Damit wird der 1. FC Knetzgau zum regionalen Vorzeigeprojekt, das weit über den Sport hinaus wirkt.

Best Practices aus ganz Bayern
Neben Knetzgau stellten auch andere Vereine erfolgreiche Integrationskonzepte vor.
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FC Mainaustraße (München) erhielt für seine Arbeit mit jungen Geflüchteten den Julius Hirsch Preis der DFB-Kulturstiftung.
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Türkspor Rosenheim wandelte sich nach einem Skandalspiel 2018 zu einem werteorientierten Vorzeigeverein mit klarer Haltung gegen Rassismus.
Diese Best Practices zeigen, wie Integration im Vereinsalltag gelingen kann: mit Offenheit, Werten wie Respekt und Toleranz sowie gezielten Unterstützungsangeboten.
Politik und Gesellschaft gefordert
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann betonte, dass Integration nur dann funktioniert, wenn sie von allen gelebt wird – sowohl von Alteingesessenen als auch von Zugewanderten. Unterstützung durch Programme und Förderungen sei wichtig, Integration selbst lasse sich jedoch nicht verordnen. Auch DFB-Präsident Neuendorf hob die Rolle der Vereine als gesellschaftliche Akteure hervor: „Das ist eine Win-Win-Situation für Vereine, Menschen mit Migrationsgeschichte und die Gesellschaft insgesamt.“
Herzogenauracher Erklärung: Fünf-Punkte-Plan verabschiedet
Der Kongress endete mit der gemeinsamen Herzogenauracher Erklärung, die unterstreicht: Fußball ist mehr als ein Spiel – er ist verbindendes Element für über 100.000 Aktive aus 179 Nationen in Bayern.
Der verabschiedete Fünf-Punkte-Plan sieht u.a. vor:
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bessere finanzielle Unterstützung,
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Bürokratieabbau,
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Ausbau der Bildungsangebote,
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stärkere Vernetzung interessierter Vereine,
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niederschwellige Teilhabeangebote.
Neuer Nachhaltigkeitspreis für Integrationsprojekte
Zum Abschluss wurde ein neuer Nachhaltigkeitspreis der BFV-Sozialstiftung vorgestellt, der ab 2026 Projekte mit besonderem gesellschaftlichem oder ökologischem Engagement auszeichnen wird – ausdrücklich auch Integrationsinitiativen. Damit soll das Thema weiter gestärkt und Vereine motiviert werden, innovative Wege zu gehen.