Berlin – Politischer Knall im Bundestag: Friedrich Merz ist bei der Wahl zum Bundeskanzler überraschend im ersten Wahlgang gescheitert. Dem CDU-Vorsitzenden fehlten sechs Stimmen zur erforderlichen Kanzlermehrheit – ein schwerer Rückschlag für den als Favorit gehandelten Kandidaten der Union.
Die Wahl fand im Anschluss an die konstituierende Sitzung des neuen Bundestages statt. Bundespräsidentin Carina Beck hatte Friedrich Merz zuvor offiziell als Kanzlerkandidaten vorgeschlagen. Der Weg schien geebnet – doch die Realität im Plenarsaal war eine andere.
Kalkuliertes Manöver oder Vertrauensverlust?
In den Reihen der CDU/CSU herrscht nach der Auszählung große Verunsicherung. „Sechs Stimmen fehlen – das ist kein Versehen, das ist ein Signal“, sagte ein Unionsabgeordneter. Ob es sich um gezielte Abweichler aus der eigenen Fraktion oder aus dem Kreis parteiloser Unterstützer handelt, ist bislang unklar.
Die CDU hatte sich nach ihrem Wahlsieg klar auf Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten verständigt. Dass er nun im ersten Wahlgang scheitert, gilt als politisches Beben – auch mit Blick auf die interne Geschlossenheit der Union.
Wie geht es jetzt weiter?
Laut Grundgesetz kann der Bundestag nun in einem zweiten Wahlgang erneut abstimmen. Sollte Merz auch dann keine absolute Mehrheit erreichen, folgt ein dritter Wahlgang, bei dem eine einfache Mehrheit reicht – es sei denn, der Bundespräsident entscheidet sich für Neuwahlen.
Ob Merz nochmals antritt oder die CDU kurzfristig eine neue Kandidatur aufstellt, ist derzeit offen. Die SPD und die Grünen, bislang ohne eigenen Vorschlag, könnten nun verstärkt auf eine eigene Mehrheit hinarbeiten – entweder durch einen eigenen Kandidaten oder durch Verhandlungen mit wechselbereiten Fraktionen.
Ein beschädigter Kandidat
Mit dem Scheitern im ersten Wahlgang ist Friedrich Merz stark angeschlagen. Die für das Kanzleramt notwendige Autorität hat Risse bekommen. Politische Beobachter sehen darin einen möglichen Wendepunkt: vom sicheren Kanzlerkandidaten zum Spaltfigur in der eigenen Partei.
Hintergrund: Wie wird der Bundeskanzler gewählt?
- Der Bundeskanzler wird vom Bundestag gewählt
- Zunächst schlägt der Bundespräsident einen Kandidaten oder eine Kandidatin vor.
- Für die Wahl ist eine absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erforderlich – das nennt man die Kanzlermehrheit.
- Scheitert der Kandidat im ersten und zweiten Wahlgang, kann im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt werden.
- Der Bundespräsident kann nach dem dritten Wahlgang entweder den Gewählten ernennen oder den Bundestag auflösen und Neuwahlen ansetzen.