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Bürgerinitiativen und Bund Naturschutz kritisieren Antragskonferenz zu Fulda-Main-Leitung

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Region – Am 22. Oktober 2024 fand in der Stadthalle Schweinfurt eine Veranstaltung der BNetzA zum Stromnetzausbau gemäß § 35 Abs. 6 Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) i. V. m. § 20 NABEG a. F. für Vorhaben 17 – die Fulda-Main-Leitung (P43) für den Abschnitt Dipperz – Bergrheinfeld West statt.

Schon nach zwei Stunden haben die Bürgerinitiativen den laufenden Anhörungstermin für die Höchstspannungsleitung Fulda-Main-Leitung (Vorhaben 17) verlassen. Hildegard Beyfuß hat gegenüber der Verhandlungsleitung im Namen der vertretenen Initiativen Protest eingelegt. Von der Bundesnetzagentur wurden Fragen zu neuen EU-Regelungen und deren Auswirkung auf die Bundesfachplanung nicht beantwortet.

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Der BUND Naturschutz, der Ökokreis Gemünden und die Bürgerinitiativen BI Pro Sinntal gegen die Stromtrasse, BI Wasserlosen und BI Bergrheinfeld lehnen die Planung insgesamt ab. Alternative Maßnahmen zur Speicherung von Strom, Power-to-X und Energiegestehung vor Ort auch mittels Bürgerenergie sind kostengünstiger, weshalb die vorgesehenen Eingriffe in Natur, Boden, Grundwasser und Eigentum nicht zu rechtfertigen sind, ebenso wenig die Umlage der Kosten auf die Stromabnehmer. Die Initiativen fordern daher eine grundlegende Überarbeitung des Netzentwicklungsplans und eine grundlegende gesetzliche Änderung der gesamten Systematik der Energieübertragungsplanung.

Die BNetzA hat daraufhin in einer Stellungnahme zum Schreiben des BUND Naturschutz vom 14.12.23 festgestellt: „Die Notwendigkeit des Ausbaus des Übertragungsnetzes und die Erforderlichkeit des Vorhabens 17, sog. Fulda-Main-Leitung, sind somit weder Gegenstand der Bundesbedarfsplanung noch der sich daran anschließenden Planfeststellung. Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit von Vorhaben 17 ist gesetzlich in § 1 Abs. 1 i.V. mit Nr. 17 der Anlage zum BBPlG festgelegt. In dieser Anlage sind alle Leitungsprojekte verzeichnet, die aus Sicht des Bundesgesetzgebers für eine sichere Stromversorgung unverzichtbar sind. Das Gesetz wird von Bundestag und Bundesrat beschlossen und mindestens alle drei Jahre aktualisiert.“

Die BNetzA beruft sich dabei auf eigene Berechnungen, die hauptsächlich von Daten (oder Interessen??) der 4 großen Übertragungsnetzbetreiber TenneT, Transnet BW, Amprion und 50Hertz gespeist sind. Diese Daten sind nicht öffentlich zugänglich! In einer alternativen Studie von Prof. Jarras et alt. wurde bereits in „Stromtrassen überdimensioniert“ vom 4.5.21 (1), sowie weiteren Nachrechnungen des von der BNetzA prognostizierten Lastflusses über die Stromknotenpunkte in Deutschland nachgewiesen, daß selbst im worst case szenario das heutige Höchstspannungs-Übertragungsnetz die Stromflüsse auch für den Zubau an Windkraftanlagen in Norddeutschland bis 2035 weitestgehend ausreicht.

Nicht gesichert ist hingegen die Stromversorgung in Deutschland bei weitgehendem Umbau der deutschen Stromerzeugung durch volatile Energiequellen wie Wind und Sonne. Es stehen keine ausreichenden Reservekraftwerke oder Stromspeicher zur Verfügung, die in Zeiten der „Dunkelflaute“ für eine gesicherte Stromversorgung und Netzstabilität sorgen könnten.

Bei einer Kappung der Einspeisespitzen für Wind- und Sonnenstrom bei Stromerzeugung, die tageszeitlich größer als der Stromverbrauch ist, müßte der Überschuss nicht mehr in solch hohem Maß über die Landesgrenzen exportiert werden und somit auch nicht die dortigen Netze destabilisieren.

Bei einer Aufteilung Deutschlands in unterschiedliche Preiszonen für den Stromtransport und einer entfernungsabhängigen Bepreisung der Stromdurchleitung würden nicht mehr immer die Kraftwerke in die Stromnetze einspeisen, die die günstigsten Stromproduktionskosten haben (last merit order), sondern die Kraftwerke mit volkswirtschaftlich günstigsten Gesamtkosten (Erzeugung + Verteilung bis zum Endverbraucher). Dadurch würden Erzeugung und Verbrauch wieder näher zusammenrücken und der Netzausbau könnte erheblich reduziert werden bei gleichzeitig niedrigeren Strompreisen!

Laut Energiewirtschaftsgesetz müssen Übertragungsnetzbetreiber bei der Netzausbauplanung eine Kappung von Einspeisespitzen zwingend berücksichtigen. Der am 01. März 2024 durch die Bundesnetzagentur bestätigte Netzentwicklungsplan Strom 2023-2037/2045 berücksichtigt diese gesetzliche Vorgabe ausdrücklich nicht und muss deshalb neu erstellt werden. Alle dieser Antragskonferenzen folgenden Aktivitäten von TenneT bis zum Planfestellungsbeschluss (voraussichtlich 1.Qartal 2026) sind daher gerichtlich anfechtbar. Zu diesem schwerwiegenden rechtlichen Mangel hat sich weder die BNetzA, noch der Vorhabenträger TenneT geäußert, sondern nur auf den aktuell bestehenden gesetzlichen Auftrag verwiesen.
TenneT erläuterte in der Antragskonferenz, daß sie wegen des Entfalls der Natur- und Artenschutzprüfung (eine Folge des „Notfalls“ gemäß Netzausbaubeschleunigungsgesetz NABEG) pro km Trasse 25000 Euro Ausgleichszahlungen leisten müssen. An wen? Welche Verwendung, was soll damit finanziert werden?

Sachlich nehmen wir zu dem geplanten Trassenverlauf noch Stellung:
a) bei Bündelung der Stromtrasse mit der Gasleitung besteht ein Risiko, daß Blitzschläge in Strommasten auch benachbarte Gasleitungen gefährden können und
b) dass aufgrund der Anwendung des Netzbeschleunigungsgesetzes das Artenschutzrecht nicht mehr angewandt wird. Dies ist insbesondere deshalb fatal, da eine Trasse gewählt werden soll, die mit noch stärkeren Eingriffen in Natur und Landschaft einhergeht.
c) Landwirte haben in der Region Schweinfurt bereits die Erfahrung gemacht, daß die elektromagnetischen Felder der 110 und 380 kV-Leitungen die GPS-Signale auf Traktoren stören und somit ein Precision farming unter den Trassen nicht möglich ist.
Wir fordern daher den Vorhabenträger, die BNetzA und den Bundestag auf, zuerst den Bundesbedarfsplan zu aktualisieren und den gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der eine sichere Stromversorgung zu viel geringeren volkswirtschaftlichen Kosten ermöglichen würde!

Neujahr 2025