Schweinfurt – Am vergangenen Freitag verwandelte sich die Innenstadt im Rahmen von Schweinfurt@night wieder in eine große Bühne. Bis 22 Uhr lockte das Event zahlreiche Besucherinnen und Besucher mit Musik, Tanz, Showeinlagen, geöffneten Geschäften – und der Hoffnung auf mehr Kunst. In Restaurants und Kneipen herrschte Hochbetrieb – die Menschen genossen den lauen Abend, gute Stimmung und volle Biergläser. Doch bei aller Lebendigkeit fiel eines unangenehm auf: Die angekündigte Kunstoffensive blieb hinter den Erwartungen zurück.
Volle Gassen, volle Läden
An vielen Stellen der Stadt wurde gefeiert – und eingekauft. Viele Geschäfte nutzten die Gelegenheit und hielten ihre Türen bis 22 Uhr geöffnet. Der Einzelhandel zeigte sich belebt, Passanten schlenderten mit Einkaufstaschen durch die Straßen. Kombiniert mit Live-Musik und Gastronomie entstand so ein kurzweiliges Innenstadt-Erlebnis – ganz im Sinne der Veranstalter.
Vor dem Café del Korso spielte eine Live-Band, während im Eiscafé Basanese Latin-Beats vom DJ zu hören waren. Auch das Eiscafé Da Claudio setzte auf Musik – dort pumpte Hip-Hop aus den Boxen. Besonders einladend war der Georg-Wichtermann-Platz, wo die Tanzschule Pelzer ihr Programm Dancing in the City präsentierte: Besucher durften mittanzen, Mitglieder der Schule beeindruckten mit Choreografien von Discofox bis Rock’n’Roll.
Im Rathaus-Hof sorgte die Formation Dance on Street mit energiegeladenen Streetdance- und Hip-Hop-Shows für Applaus und reges Zuschauerinteresse. Für Familien und Kinder rundeten ein Luftballonkünstler und ein Kartenzauberer das Programm ab.
Kunst im Schatten der Events
So bunt und lebendig der Abend auch war – die Kunst geriet schnell ins Hintertreffen. Trotz der Ankündigung, dass in diesem Jahr die Kunst im Mittelpunkt stehen solle, waren gerade einmal fünf Kunststationen in der Innenstadt zu finden.
Unter anderem zeigte Colette Brooks, Kunsttherapeutin und Neuroscript-Expertin, wie Kreativität zur Persönlichkeitsentwicklung beitragen kann. Ein besonderes Highlight an ihrem Stand: das Gemeinschaftsprojekt „Farben für Schweinfurt“ – ein großes, offenes Bild, das Besucherinnen und Besucher mitgestalten konnten. Einladend, niedrigschwellig und gleichzeitig ein Symbol für die kreative Vielfalt der Stadt – doch leider eher ein stiller Farbtupfer im Trubel des Abends.
Ebenfalls vertreten: Die Künstlerin Olen Korchmynska mit ihrer Acrylmalerei sowie der Schweinfurter Sketchverein, der vor dem Rathaus live Gebäude und Straßenszenen zeichnete.
Kunstfabrik als Lichtblick
Ein echter Anziehungspunkt war die Kunstfabrik, die an diesem Abend ihre Türen öffnete. Dort präsentierten sieben Künstlerinnen und Künstler in Eigenregie ihre Arbeiten – mit Erfolg: Der Andrang war groß, die Gespräche lebendig. Die Ausstellung soll auch in den nächsten Monaten fortgeführt werden. Hier zeigte sich, wie Kunst wirken kann, wenn man ihr Raum gibt.
Fehlendes Interesse – oder fehlende Präsenz?
Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Kunst an diesem Abend nicht wirklich im Fokus stand – zumindest nicht für das breite Publikum. Viele schienen sich lieber dem kulinarischen Angebot oder der Musik zu widmen. Doch kann man es den Menschen verübeln, wenn das künstlerische Angebot im Stadtbild kaum auffiel?
Für eine Stadt, die sich selbst als Stadt der Kunst versteht, war das schlicht zu wenig. Kunst braucht Sichtbarkeit, Raum – und mutige Konzepte.
Fazit: Ein starker Abend – aber kein starkes Zeichen für die Kunst
Schweinfurt@night hat gezeigt, wie lebendig die Innenstadt sein kann. Die Besucherzahlen sprechen für sich. Doch der künstlerische Anspruch blieb auf der Strecke. Wenn Schweinfurt diesen Anspruch ernst meint, braucht es im kommenden Jahr mehr als symbolische Einzelaktionen. Sonst bleibt die Kunst nur ein Begleitprogramm – statt das, was sie sein sollte: ein wesentlicher Teil des Stadtlebens.
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