Sie liegen in den Kühltheken zahlreicher Supermärkte und Discounter – oft mit grünen Siegeln, lächelnden Fischer-Logos und dem Versprechen auf „nachhaltige Zucht“. Doch hinter vielen dieser Garnelen steckt ein System, das kaum jemand kennt und das für die Tiere Leid bedeutet: In industriellen Zuchtanlagen wird weiblichen Garnelen häufig ein Teil der Augen entfernt – bei vollem Bewusstsein.
Grausame Methode für mehr Profit
Die sogenannte „Augenstielablation“ ist eine gängige Praxis in der weltweiten Garnelenzucht. Dabei werden den Weibchen ein oder beide Augenstiele abgetrennt oder verätzt, um die Produktion weiblicher Hormone zu erzwingen. Das Ziel: Die Tiere sollen schneller geschlechtsreif werden und mehr Eier legen – ein klarer Vorteil für Zuchtbetriebe, die so ihren Ertrag steigern.
Der Eingriff erfolgt meist ohne Betäubung. Für die Tiere bedeutet das erheblichen Stress, Schmerzen und oftmals den Tod durch Infektionen. Dennoch wird die Methode seit Jahrzehnten als Standard in der Garnelenproduktion eingesetzt – vor allem in Ländern wie Thailand, Vietnam, Indien oder Indonesien, die zu den größten Exporteuren der Welt zählen.
„Nachhaltig“ – ein trügerisches Versprechen
Besonders problematisch: Viele dieser Zuchtbetriebe beliefern internationale Handelsketten, deren Produkte mit Labels wie „nachhaltig gezüchtet“, „ASC-zertifiziert“ oder „umweltschonend“ beworben werden. Diese Siegel suggerieren ethische Verantwortung, doch in der Praxis schließen sie die Augenentfernung bisher oft nicht vollständig aus.
Kritiker sprechen deshalb von Verbrauchertäuschung: Wer im guten Glauben Garnelen mit Nachhaltigkeitssiegel kauft, unterstützt häufig unbewusst genau jene Praktiken, die er vermeiden möchte. Selbst Bioprodukte sind nicht automatisch frei von Tierleid – die Kriterien unterscheiden sich je nach Land und Zertifizierungsstelle.
Discounter und Supermärkte profitieren
In Deutschland landen solche Garnelen täglich in den Regalen großer Ketten – vom Discounter bis zum Feinkosthandel. Für den Endkunden ist kaum erkennbar, unter welchen Bedingungen die Tiere gezüchtet wurden. Viele Handelsmarken lassen ihre Ware von denselben Großfarmen in Südostasien produzieren, verpacken sie nur unterschiedlich und versehen sie mit umweltfreundlich klingenden Etiketten.
Die Nachfrage ist riesig: Garnelen gehören zu den meistverkauften Meeresfrüchten überhaupt. Ihr günstiger Preis hat allerdings einen hohen ethischen Preis – bezahlt von Tieren, die in dicht besetzten Tanks leben, unter Stress stehen und durch schmerzhafte Eingriffe zur Fortpflanzung gezwungen werden.
Ein Umdenken ist überfällig
Tierschutzorganisationen und Wissenschaftler fordern seit Jahren, die Augenstielablation zu verbieten und Alternativen zu fördern. Einige Zuchtbetriebe experimentieren bereits mit tierfreundlicheren Methoden, etwa durch gezielte Fütterung und bessere Umweltbedingungen. Diese Ansätze zeigen: Auch ohne Verstümmelung ist eine erfolgreiche Nachzucht möglich.
Doch solange der Markt nach billigen Garnelen verlangt, wird sich die Praxis kaum flächendeckend ändern. Erst wenn Verbraucher bewusst auf Produkte aus wirklich tiergerechter Zucht achten – und Handelsketten ehrliche Transparenz schaffen –, kann sich etwas bewegen.
Fazit
Hinter den glänzenden Verpackungen in den Kühltruhen steckt oft ein düsteres System: Tierleid, falsche Nachhaltigkeitsversprechen und ein Markt, der lieber billig produziert als ehrlich informiert. Wer Garnelen kauft, sollte wissen, dass jedes Etikett nur so glaubwürdig ist wie die Bedingungen, unter denen die Tiere tatsächlich leben – und leiden.