Würzburg/ Sport – Die FIT/One Würzburg Baskets haben Spiel 5 des Viertelfinales bei den Basketball Löwen Braunschweig nach Verlängerung mit 97:88 gewonnen und stehen zum zweiten Mal in Folge im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft. Der erste Auswärtssieg in einer von Anfang bis Ende hart umkämpften Viertelfinal-Serie gelang dem Team von Headcoach Sasa Filipovski in einer hochdramatischen Schlussphase: Erst holte Braunschweig einen zwischenzeitlichen 22-Punkte-Rückstand auf, lag zehn Sekunden vor dem Ende mit Ballbesitz drei Punkte vorne und sah bereits wie der sichere Sieger aus. Dann gelang Baskets-Kapitän und Topscorer Zac Seljaas (24 Punkte) der ein Ballgewinn, und Hannes Steinbach traf den vierten Dreier seiner BBL-Karriere zwei Sekunden vor Schluss zum 77:77-Ausgleich.
In der Verlängerung machten die Baskets dann mit viel Selbstvertrauen und zwei 7:0-Läufen den Deckel drauf auf eine unglaublich spannende und dramatische Playoff-Serie. Liga-MVP Jhivvan Jackson und Hannes Steinbach erzielten jeweils 20 Punkte, für den Youngster ist das eine neue Bestleistung in der easyCredit BBL. „Wir haben viele individuell starke Spieler, die als Team zusammengewachsen sind. Wir halten immer zusammen und sind deswegen nur sehr schwer zu schlagen“, sagte Steinbach hinterher live bei Dyn. Im Halbfinale treffen die FIT/One Würzburg Baskets auf ratiopharm ulm, Spiel 1 der Serie findet bereits am kommenden Sonntag um 18 Uhr in der Ulmer ratiopharm arena statt. Sprungball zu Spiel 2 in der tectake ARENA ist am kommenden Mittwoch (4. Juni) um 18:30 Uhr.
Zac Seljaas hatte die Serie zwischen den Baskets und den Löwen nach Spiel 4 am Dienstag mit einem Boxkampf über fünf Runden verglichen. Diese Analogie passt auch zum entscheidenden Spiel: Die Gäste setzten vor knapp 6000 Zuschauenden – darunter auch wieder eine stattliche Abordnung Würzburger Fans – den ersten und den entscheidenden letzten Punch. Dazwischen mussten sie einige harte Schläge einstecken, behielten in der hitzigen Atmosphäre der Volkswagen Halle aber trotz eines unfassbaren Comebacks der Gastgeber in der zweiten Halbzeit die Nerven.
Mit dem Selbstvertrauen des Start-Ziel-Heimsiegs zwei Tage zuvor spielten Seljaas und Co. in der ersten Halbzeit an beiden Enden des Feldes stark, während den Gastgebern der Druck des Entscheidungsspiels in eigener Halle deutlich anzumerken war. Zwar dominierten die Löwen die Bretter und gewannen das Rebound-Duell mit 52:37 sehr deutlich, konnten in vielen Phasen gegen die konzentrierte und intensive Würzburger Verteidigung aber nicht genug Kapital aus ihren 21 Offensivrebounds schlagen.
In der ersten Halbzeit machte die Dreierquote den Unterschied aus: Während Braunschweig bei neun Versuchen kein Treffer von außen gelang, erzielten die Baskets mit einer 54-prozentigen Dreierquote 21 Zähler (7 von 13) vor der Pause. Die ersten beiden Distanzwürfe versenkte MVP Jhivvan Jackson zum Zwischenstand von 4:6, dann war der Kapitän an der Reihe: Zwei Dreier und ein Korbleger nach Offensivrebound von Zac Seljaas stellten den Spielstand in der 6. Minute auf 8:14. Kurze Zeit später lagen die Gäste zum ersten Mal zweistellig vorne (8:18) und bauten den Abstand mit einem Buzzerbeater von Mike Lewis II zum Ende des ersten Viertels auf 10:23 aus.
Im zweiten Abschnitt kamen die Löwen (7 Ballverluste im ersten Viertel) offensiv besser ins Spiel, trotzdem wuchs der Vorsprung der Baskets weiter – 18 Punkte waren es nach den ersten zwanzig Minuten (27:45). „Ich erwarte mehr Aggressivität und Full Court Pressure von Braunschweig, wir müssen konzentriert bleiben“, sagte Headcoach Sasa Filipovski kurz vor Beginn des dritten Abschnitts.
Die Braunschweiger Aggressivität führte zunächst zu vier Fouls in den ersten 49 Sekunden des dritten Viertels, und die Baskets konnten durch zwei Freiwürfe von Jhivvan Jackson und einen völlig offenen Dreier von Zac Seljaas den Vorsprung auf 22 Zähler ausbauen (28:50, 22. Minute).
Braunschweigs Headcoach Jesus Ramirez nahm eine Auszeit, und danach sahen die Zuschauer plötzlich ein völlig anderes Spiel: Braunschweig verteidigte hart und erfolgreich, kam dadurch auch zu besseren Offensivaktionen und erzielte in den folgenden acht Minuten 28 Punkte – einen mehr als in der gesamten ersten Halbzeit. Auf Würzburger Seite häuften sich die Fehler, das Momentum kippte komplett auf die Seite der Hausherren, die durch einen 12:0-Lauf erst auf 40:50 und bis zum Ende des dritten Abschnitts auf 56:60 verkürzen konnten.
Weil die ersten drei Braunschweiger Dreier im Schlussabschnitt daneben gingen, konnten die FIT/One Würzburg Baskets ihre Führung zunächst weiter verteidigen – Lukas Wank traf einen Dreier aus der rechten Ecke und Hannes Steinbach einen Korbleger zum 62:68 in 35. Minute.
Dabei blieb es aber nicht: Arnas Velicka traf den nächsten Braunschweiger Dreier, der bärenstarke Sananda Fru (21 Punkte/15 Rebounds/4Blocks) erzielte die nächsten sieben Punkte. Nach diesem 10:0-Lauf lagen die Gastgeber zum ersten Mal seit der 2. Spielminute wieder in Führung (72:68), und alles war angerichtet für die dramatischste Phase einer Serie, in der die letzten drei Spiele davor auch immer erst in den Schlusssekunden entschieden worden waren.
Jhivvan Jackson antwortete in MVP-Manier mit einem „Big Shot“ – sein vierter Dreier landete mit extrem hoher Flugkurve zum 72:71 im Korb. Zac Seljaas holte die Führung mit einem Korbleger wieder zurück. 38 Sekunden vor dem Ende stellte Sananda Fru nach einem Offensivrebound den Spielstand auf 77:74, und nach zwei vergebenen Drei-Punkte-Würfen von Jhivvan Jackson sahen die Gastgeber mit 10,2 Sekunden auf der Uhr und Ballbesitz bereits wie die sicheren Sieger aus.
Dann eroberte Zac Seljaas den Ball nach dem Braunschweiger Einwurf und Sananda Fru blockte einen Korbleger von Jhivvan Jackson ins Aus. Sasa Filipovski nutzte die Unterbrechung zur Überprüfung der verbleibenden Spielzeit durch die Schiedsrichter und zeichnete mit verbleibenden 4,9 Sekunden einen Spielzug auf, mit dem er die Braunschweiger komplett überraschen konnte: Hannes Steinbach kam völlig frei an der Dreierlinie zum Wurf und traf ohne Ringberührung – 77:77, Verlängerung!
In die Overtime starteten die Baskets mit einem Lewis-Dreier und einem 7:0-Lauf. Die Löwen kämpften sich noch einmal auf 84:76 heran, dann gelang es den Baskets, Spiel fünf und damit das Viertelfinale mit dem nächsten 7:0-Lauf für sich zu entscheiden: Hannes Steinbach und Mike Lewis II stellten den Spielstand auf 84:93.
Mit 48 verbleibenden Sekunden war die Saison für die Basketball Löwen Braunschweig damit vorbei, die FIT/One Würzburg Baskets feierten mit ihren Fans das dritte Halbfinale der Klubgeschichte. Zum dritten Mal nach dem Halbfinale 2011 und dem Viertelfinale der vergangenen Saison geht es dabei ab Sonntag gegen ratiopharm ulm.
Basketball Löwen Braunschweig – FIT/One Würzburg Baskets 88:97 n.V.
(10:23, 17:22, 29:15, 21:17, 11:20)
Für Würzburg spielten:
Zac Seljaas 24 Punkte/4 Dreier (8 Rebounds), Jhivvan Jackson 20/4 (4 Steals), Hannes Steinbach 20/1 (10 Rebounds), Mike Lewis II 14/2, Nelson Philipps 5, Bazoumana Kone´4, Davion Mintz 4, Lukas Wank 3/1, Max Ugrai 2, Fabian Bleck 1.
Top-Performer Braunschweig:
Sananda Fru 21 (15 Rebounds/4 Blocks), Arnas Velicka 19/2 (6 Assists), Luka Scuka 14/2 (8 Rebounds), TJ Crockett 13 (5 Assists).
Key Stats:
Dreierquote: Würzburg 39 Prozent – Braunschweig 17 Prozent
Freiwürfe: Würzburg 27 von 34 – Braunschweig 17 von 23
Ballgewinne: Würzburg 14 – Braunschweig 8
Stimmen zum Spiel
Zac Seljaas, Kapitän FIT/One Würzburg Baskets:
„Es hat heute von Anfang bis Ende extrem viel Spaß gemacht. Braunschweig hat so eine starke Mannschaft, es war klar, dass es wieder ein harter Kampf werden würde. Grüße an alle Fans, die Atmosphäre war großartig. Ich wusste. dass der Dreier von Hannes reingehen würde. Er arbeitet jeden Tag nach dem Training daran, wir vertrauen ihm. Der Spielzug wurde für ihn aufgezeichnet und ich wusste, dass ich einen guten Screen für ihn stellen muss. Ich freue mich sehr darauf, nächste Woche im Halbfinale zuhause wieder vor unseren Fans spielen zu dürfen.
Hannes Steinbach, FIT/One Würzburg Baskets:
„So richtig realisieren kann ich noch nicht, was heute passiert ist. Wir haben am Ende den Steal bekommen, nachdem Braunschweig beim Einwurf den Ball verworfen hat. Dann hat Coach den Spielzug aufgezeichnet und gesagt, keiner wird erwarten, dass ich werfe. Ich habe den Ball bekommen, war frei und musste ihn werfen, weil keine Zeit mehr auf der Uhr war. Wir haben viele individuell starke Spieler, die als Team zusammengewachsen sind. Wir halten einfach immer zusammen und sind deswegen nicht unterzukriegen und sehr schwer zu schlagen. Respekt an Sananda Fru, er hat eine krasse Saison gespielt und war heute wieder sehr stark. Einfach nur Danke an unsere Fans für den unglaublichen Support in der ganzen Saison. Unfassbar, wie viele von ihnen heute wieder mitgefahren sind, Braunschweig liegt ja nicht gerade nah. Ulm hat eine unglaublich talentierte und starke Mannschaft. Wir müssen uns gut erholen und dann auf das erste Spiel am Sonntag fokussieren.“
Sasa Filipovski, Headcoach FIT/One Würzburg Baskets:
„Als erstes möchte ich Braunschweig gratulieren. Sie haben eine sehr gute Mannschaft, sind ein unangenehmer Gegner und haben eine starke Saison gespielt. Wir sind gut in das Spiel gestartet und haben in der ersten Halbzeit sehr gut exekutiert und fokussiert gespielt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann die Kontrolle abgegeben und auch unser Selbstvertrauen verloren. Das war eine sehr schwierige und gefährliche Situation. Wir haben es dann durch den Dreier von Hannes in die Overtime geschafft und da es ist uns gelungen, das Spiel am Ende für uns zu entscheiden. An dieser Stelle auch noch einmal mein Kompliment für die tolle Stimmung, die heute in der Volkswagen Halle war. Aber natürlich auch einen riesigen Glückwunsch an meine Mannschaft. Ich bin sehr glücklich darüber, mit diesen Spielern zusammenarbeiten zu können, die zu einem sehr starken Team zusammengewachsen ist. Ich bin stolz auf die Jungs und sehr froh, dass wir ins Halbfinale eingezogen sind.“
Jesus Ramirez, Headcoach Basketball Löwen Braunschweig:
„In diesem Moment ist es mir egal, was heute in diesem Spiel passiert ist oder entscheidend war. Ich bin sehr stolz auf diese Saison und auf die Spieler. Natürlich tut es weh und ich denke, wir hätten mehr erreichen können. Vor allem die Art und Weise, wie es gelaufen ist, schmerzt sehr. Aber wenn ich jetzt auf die gesamte Saison zurückblicke, auf unsere Preseason in China und darauf, wie wir uns ab dem Zeitpunkt entwickelt haben, dann bin ich einfach nur stolz und glücklich. Und wir werden weitermachen.“
Ferdinand Zylka, Basketball Löwen Braunschweig:
„Ich glaube, ich habe in meiner Karriere noch nie ein Spiel mit so vielen Ups und Downs erlebt. Es war erst einmal krass, ein Spiel fünf zuhause zu spielen. Dann haben wir zum wichtigsten Zeitpunkt gefühlt die schlechteste Halbzeit der ganzen Saison gespielt. Dann wachen wir auf einmal auf, legen den Schalter um, kämpfen uns zurück und führen mit drei. Dann haben wir noch den Ball und verlieren ihn. Dann der gute Wurf von Steinbach. Das war der Wurf, den man noch am ehesten abgibt. Du hättest nicht gedacht, dass er ihn nimmt. In der Verlängerung war Würzburg dann ganz klar besser. Glückwunsch an sie, es war eine Mega-Serie. Ich bin fix und fertig, nicht unbedingt wegen der Niederlage. Es waren unglaubliche Emotionen, die heute durch uns alle geflossen sind. Wir sind so eine geile Mannschaft mit unglaublichen Charakteren. Dass wir so nicht mehr zusammenspielen werden tut mir grade am meisten weh. Ich habe nach der ersten Halbzeit gehofft, dass das Momentum irgendwann kippt. Dann war die Halle direkt da und wir haben das gemacht, was uns die ganze Saison stark gemacht hat. Wir haben den Gegner unter Druck gesetzt, hatten Selbstvertrauen und haben unsere Würfe getroffen. Und dann ist es leider zu dieser letzten Situation gekommen, und jetzt ist es so, wie es ist. Wenn uns vor der Saison jemand gesagt hätte, dass wir Dritter der Hauptrunde werden und im Viertelfinale gegen ein Champions League-Team erst im fünften Spiel nach Verlängerung verlieren, hätten die meisten das gerne genommen. Wir sind aber alle Sportsmänner und hätten nach diesem Comeback gerne gewonnen, deswegen ist es sehr schade. Würzburg hat auch eine Wahnsinns-Saison gespielt, sie haben sich mit Verletzungen durchgekämpft und heute nach Verlängerung verdient gewonnen. Da muss man einfach Glückwunsch sagen.“
Sananda Fru, Basketball Löwen Braunschweig:
„Ich bin natürlich sehr enttäuscht und hätte mir ein schöneres Ende für diese unglaubliche Saison gewünscht. Es war für mich die beste von meinen fünf Spielzeiten, die ich hier hatte. Ich habe gefühlt jeden Tag und jedes Spiel mit diesen unglaublichen Jungs und dieser Truppe genossen. Ich bin auch unseren Fans sehr dankbar, die uns die ganze Saison unterstützt haben. Das Ende ist zwar etwas traurig und unglücklich, aber ich versuche, den Kopf nicht zu sehr hängen zu lassen. Es war eine der besten Saisons, die Braunschweig jemals gespielt hat, das Team kann stolz auf sich sein. Ich bin dem gesamten Standort dankbar. Sie haben mich ausgebildet und an guten und schlechten Tagen immer an mich geglaubt. Ich habe es noch nicht ganz realisiert, aber ich werde die Stadt, die Fans, die Halle und das ganze Umfeld hier sehr vermissen.“
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