„Sprungbrett zum Erfolg“: Zehn Handlungsempfehlungen als Resultat des Austauschs von Expertinnen und Experten
Würzburg/Schweinfurt – Wichtiger Schlüssel zur Integration und zentraler Wachstumsfaktor für die deutsche Wirtschaft: Migrantische Gründungen. Wie diese gestärkt und gezielt gefördert werden können, war Thema der Konferenz „Sprungbrett zum Erfolg: Unterstützung von migrantischen virtuellen Gründungen“, gemeinsam veranstaltet von der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS) und der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. (AWV) organisiert haben. Über 70 Teilnehmende aus den Bereichen Wirtschaft, Verwaltung, Beratung und Wissenschaft tauschten sich intensiv aus.
Von der Geschäftsidee zur Gründung: THWS bietet Unterstützung
Die momentan an der THWS eingeschriebenen 2.707 international Studierenden machen circa 30% der gesamten Studierendenzahl der Hochschule aus. Das von der THWS angebotene Startup-Ökosystem umfasst Gründungsberatung durch das Projekt EntrepreneurSHIP, das Startup-Lab Werk:Raum als Innovationslabor, die Einbindung von Gründung in verschiedene Vorlesungs- und Veranstaltungsformate wie den KickStart-Wettbewerb und die Campus Startup Night sowie viele regionale Netzwerkpartner. „Es ist uns ein wichtiges Anliegen, dass aus anfänglichen Geschäftsideen tatsächliche Unternehmen werden. Gründungen von internationalen Studierenden und Studierendenteams liegen der THWS am Herzen, was die Wichtigkeit dieser Veranstaltung betont,“ so Prof. Dr. Ulrich Gartzke, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften (FAS) der THWS, der auch die Veranstaltung moderierte. Als Resultat der Veranstaltung könne man zehn Handlungsempfehlungen weitergeben:
- Entwicklung zielgruppenspezifischer Unterstützungsangebote: kaufmännische Kenntnisse, Deutschkurse, Basiswissen zu Wirtschaftssystem, Institutionen und Gesellschaft in Deutschland
- Vereinfachung bürokratischer Prozesse, insbesondere Einbindung von Ausländerämtern
- Ausbau mehrsprachiger Informations- und Beratungsangebote, vor allem durch Social Media und Videos
- Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungen
- Stärkung lokaler Gründungsökosysteme
- Inklusivere Kommunikation durch zielgruppengerechte Sprache
- Verbesserung der sozialen Absicherung für Selbständige
- Förderung der interkulturellen Öffnung in Verwaltung und Finanzsektor
- Entwicklung präventiver Unterstützungsstrukturen
- Positiverer Umgang mit dem Thema „Selbstständigkeit“ in der Gesellschaft, Angebote zum Thema „Gründung als Chance“ bereits in Schulen und Hochschulen
Selbstständigkeit als Schlüssel für Integration und Wirtschaftskraft
In seiner Funktion als Co-Leiter der AWV-Projektgruppe „Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und Asylsuchenden“ eröffnete Prof. Dr. Gartzke den Informationsworkshop: „Deutschland braucht mehr Gründergeist – und Menschen mit internationaler Geschichte bringen diesen oft mit.“ Iris Wehrmann, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, hob die wirtschaftliche Bedeutung migrantischer Gründungen hervor. Zudem stellte sie zentrale Unterstützungsangebote wie das EXIST-Gründerstipendium sowie die jährlich stattfindende Gründungswoche vor, die Wege aufzeigen und gezielte Hilfe bieten sollen. Jasmin Arbabian-Vogel, Unternehmerin mit iranischen Wurzeln, plädierte für einen Perspektivwechsel: „In vielen Herkunftsländern wird Selbstständigkeit als Erfolgsgeschichte gesehen. Das müssen wir stärker auch in Deutschland etablieren.“ So beantragte die Gründungsquote bei Migrantinnen und Migranten 20 Prozent – ohne Migrationshintergrund liegen sie bei nur acht Prozent. „Wir müssen in der Migration etwas Positives sehen und nicht etwas Irreguläres und Problematisches“, plädierte Arbabian-Vogel. Außerdem forderte sie eine bessere soziale Absicherung für Selbstständige, mehr Diversität in Unternehmen und eine einfachere Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse.
Best Practices und innovative Lösungen
Markus Pleyer, Paritätischer Wohlfahrtsverband Berlin, präsentierte das Modellprojekt „FEMentorin“ zur Unterstützung geflüchteter Frauen bei der Gründung sowie die Arbeit der Initiative Selbstständiger Immigrantinnen e.V.
Nihat Sorgeς, Unternehmer und Vorsitzender des Verbands der Migrantenwirtschaft, unterstrich die wirtschaftliche Relevanz: „800.000 migrantische Unternehmen schaffen über zwei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland.“ Dr. Ralf Sänger, Perspektive neuStart e.V., und Peter Straub, Bürgschaftsbank Berlin, betonten die Bedeutung zielgerichteter Angebote, wie etwa das Berliner Finanzierungsmodel „BBBwelcome“, das den Zugang zu Krediten erleichtert.
Gleichzeitig kritisierten sie mangelnde mehrsprachigen Informationsangebote und hohe bürokratische Hürden, die auch Prof. Dr. Ralf Roßkopf von der Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften der THWS, in seinem Vortrag zu rechtlichen Fragestellungen deutlich hervorhob. „Die Veranstaltung zeigte: Migrantische Gründungen bieten enormes Potenzial – nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für die gesellschaftliche Integration. Mit passgenauer Unterstützung lässt es sich heben,“ lautete das Fazit von Prof. Dr. Gartzke.