Der Schweinfurter Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung den Bürgerentscheid „Stadtbussystem“ für zulässig erklärt und zugleich mit breiter Mehrheit die Durchführung eines konkurrierenden Ratsbegehrens beschlossen. Damit ist der Weg für eine Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich eröffnet. Gleichzeitig machte das Gremium deutlich, dass weiterhin der Dialog und eine einvernehmliche Lösung Vorrang haben sollen.
Auslöser der aktuellen Diskussion ist das von den Stadtwerken Schweinfurt eingeführte neue Stadtbussystem. Mit der Umstellung gingen zahlreiche Veränderungen einher, darunter neue Linienführungen, geänderte Umsteigepunkte, Taktungsanpassungen sowie ein verändertes Bezahlsystem. Diese Neuerungen stießen bei vielen Fahrgästen auf deutliche Kritik. Die Vielzahl an Rückmeldungen zeigt nach Einschätzung mehrerer Stadträte, dass zentrale Problempunkte bereits im Vorfeld hätten erkannt werden können, wenn die Bürgerschaft frühzeitig stärker eingebunden worden wäre.
Ralf Hofmann, Oberbürgermeisterkandidat, betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung der Beteiligung: „Diese Entwicklung macht deutlich, dass öffentlicher Nahverkehr nicht gegen die Bevölkerung organisiert werden kann. Akzeptanz entsteht nur durch frühzeitige Einbindung. Viele der heutigen Probleme wären absehbar gewesen, wenn man die Busnutzerinnen und Busnutzer von Beginn an beteiligt hätte.“
Rückmeldungen aus der Bürgerschaft spielen derzeit eine zentrale Rolle. Im Rahmen des laufenden Tür-zu-Tür-Wahlkampfs der SPD äußerten viele Bürgerinnen und Bürger konkrete, sachliche Verbesserungsvorschläge – etwa zu Linienführungen, Taktungen, Umsteigesituationen oder Bezahlmöglichkeiten. Diese Hinweise fließen nach Angaben der Beteiligten in die weitere politische Diskussion ein.
Parallel dazu finden konstruktive Gespräche zwischen den Initiatorinnen und Initiatoren des Bürgerbegehrens, der Stadtverwaltung sowie dem Nahverkehrsexperten Matthias Schmechtig statt. Auch die Initiatoren haben demnach erkannt, dass eine vollständige Rückkehr zum früheren Stadtbussystem mit erheblichen Nachteilen verbunden wäre. Ziel der Gespräche ist es daher, einen tragfähigen Kompromiss zu erarbeiten und einen Bürgerentscheid möglichst zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund ist auch das nun beschlossene Ratsbegehren zu sehen. Es ist das Ergebnis eines fraktionsübergreifenden Abstimmungsprozesses zwischen SPD, CSU, Bündnis 90/Die Grünen, Freien Wählern, Die Linke und pro Schweinfurt. Das Ratsbegehren soll ausschließlich dann greifen, wenn die laufenden Gespräche scheitern und es tatsächlich zu einem Bürgerentscheid kommt. Es versteht sich ausdrücklich nicht als Gegenentwurf zum Dialog, sondern als Absicherung.
„Das Ratsbegehren ist als Rückfalloption gedacht“, erklärte Johannes Petersen, Stadtrat und Mitglied im Aufsichtsrat der Stadtwerke Schweinfurt. Ziel sei es, fraktionsübergreifend Lösungen zu finden und notwendige Korrekturen direkt umzusetzen. Erst wenn dies nicht gelinge, solle den Bürgerinnen und Bürgern eine Alternative zur Rückkehr in das alte System zur Abstimmung gestellt werden.
Ein Erfolg des Bürgerentscheids hätte zur Folge, dass die Stadtwerke mindestens ein Jahr lang zum früheren Busfahrplan zurückkehren müssten. Nach Einschätzung von Verwaltung und Stadtwerken würde dies einzelne Stadtteile wieder schlechter anbinden, bewährte Umsteigemöglichkeiten entfallen lassen und erhebliche Mehrkosten sowie zusätzlichen Personalbedarf verursachen.
Das Ratsbegehren mit dem Titel „Stadtbus für alle – Verbesserungen umsetzen“ verfolgt daher das Ziel, die Vorteile des bestehenden Netzes zu erhalten und zugleich berechtigte Kritikpunkte aus der Bürgerschaft aufzugreifen. Vorgesehen sind unter anderem eine zusätzliche Linienanbindung des Marktplatzes, die Wiederanbindung des Berliner Platzes über die Breslaustraße, attraktivere Umsteigemöglichkeiten am Roßmarkt sowie eine systematische Auswertung der bisherigen Rückmeldungen. Ergänzend sollen Fahrgastbefragungen durchgeführt und ein Fahrgastbeirat eingerichtet werden.
Hofmann fasste den Beschluss abschließend zusammen: „Der Stadtrat hat sich bewusst für einen verantwortungsvollen Doppelschritt entschieden. Zuerst setzen wir auf Verständigung und konkrete Verbesserungen im Dialog. Und nur für den Fall des Scheiterns stellen wir sicher, dass es keine Rückkehr zu einem System gibt, das weder die Initiatoren noch die Mehrheit des Stadtrats will.“