Ein Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt derzeit für ein gewaltiges Beben in der boomenden Online-Coaching-Szene. Der BGH hat entschieden: Viele hochpreisige Coaching- und Mentoringprogramme sind rechtlich gar nicht wirksam – und Teilnehmende können ihr Geld zurückfordern. Für zahlreiche Anbieter drohen damit Rückzahlungen in Millionenhöhe.
Worum es im Fall ging
Im verhandelten Fall hatte eine Frau ein neunmonatiges Online-Mentoringprogramm für rund 23.800 Euro gebucht. Inhalte wurden über Live-Calls, aufgezeichnete Videos und Aufgaben vermittelt – ganz typisch für die Branche. Doch der Anbieter besaß keine offizielle Zulassung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG). Die Kundin verlangte daraufhin ihr Geld zurück – mit Erfolg.
Der BGH (Az. III ZR 109/23) stellte klar: Solche Programme gelten rechtlich als Fernunterricht. Und ohne behördliche Zulassung sind entsprechende Verträge nichtig. Das bedeutet: Der Vertrag ist so, als hätte es ihn nie gegeben.
Warum dieses Urteil so brisant ist
Das Fernunterrichtsschutzgesetz ist eigentlich dafür gedacht, Lernende vor unseriösen Bildungsangeboten zu schützen. Es schreibt vor, dass Anbieter von Fernunterricht – also auch Online-Programme mit festen Lerneinheiten und Erfolgskontrolle – eine Zulassung der „Zentralstelle für Fernunterricht“ (ZFU) benötigen.
Der BGH machte nun deutlich:
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Auch Online-Coachings fallen unter dieses Gesetz, wenn sie Lehrinhalte vermitteln und den Lernfortschritt kontrollieren.
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Es spielt keine Rolle, ob die Teilnehmenden Privatpersonen oder Selbstständige sind.
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Ohne Zulassung sind solche Verträge automatisch unwirksam – und Teilnehmende können bereits gezahlte Beträge zurückverlangen.
Coaching-Branche in der Schockstarre
Das Urteil trifft eine Branche, die in den letzten Jahren explosionsartig gewachsen ist. Vor allem in den sozialen Medien werben Coaches mit Erfolgsversprechen und teuren Programmen, die oft mehrere Tausend Euro kosten.
Viele dieser Anbieter verfügen jedoch nicht über die erforderliche Zulassung. Rechtsanwälte sprechen bereits von einer „Welle möglicher Rückforderungen“ und warnen vor erheblichen finanziellen und rechtlichen Risiken. Einige Anbieter könnten dadurch sogar in existenzielle Schwierigkeiten geraten.
Nicht jedes Coaching ist betroffen – aber viele
Klassische Einzelberatungen ohne festes Lernprogramm fallen nicht unter das FernUSG. Wer jedoch feste Inhalte vermittelt, Aufgaben vergibt und Lernfortschritte überprüft, muss sich an die Regeln halten.
Auch Webinare oder Onlinekurse können betroffen sein, wenn sie über einen längeren Zeitraum laufen und strukturierte Lernziele verfolgen. Entscheidend ist die Kombination aus räumlicher Trennung, Lehrinhalt und Erfolgskontrolle.
Was Teilnehmende jetzt tun können
Für Teilnehmende, die hohe Summen gezahlt haben, könnte das Urteil ein Türöffner sein:
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Verträge prüfen (am besten mit juristischer Unterstützung)
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Rückzahlungsansprüche geltend machen, falls keine ZFU-Zulassung vorliegt
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Verjährungsfristen beachten
Gerade bei besonders teuren Programmen kann es sich lohnen, aktiv zu werden.
Fazit
Der BGH hat ein deutliches Signal gesetzt: Online-Coachings bewegen sich rechtlich nicht im luftleeren Raum. Wer Programme ohne offizielle Zulassung anbietet, riskiert nicht nur seinen Ruf, sondern auch hohe Rückzahlungen. Für die Branche bedeutet das: Nach Jahren des Booms steht eine harte rechtliche Realität bevor.